März 2008


Samstag, 29.03.08, früher Abend (= später Abend nach mitteleuropäischer Zeit), 135 µg.
Keine deutlichen Effekte.

Spritze auf Reisen, im Flugzeug, im Handgepäck.

Ich hatte vorher ja bei meiner Fluglinie angerufen: eine Bestätigung brauche ich und müsse die Spritze beim Check-In abgeben.

Montag morgen, beim Check-In, auf meine Anmerkung, dass ich eine Spritze im Handgepäck mitführen muss: fragender Blick, Bestätigung, dass ich das darf. Abgeben müsse ich sie nicht. Bei der Sicherheitskontrolle weise ich vorher darauf hin, dass im Rucksack eine Spritze drinnen ist, die Kontrolleurin nickt nur, sieht nicht mal nach, niemand fragt nach der Bestätigung. Im Flugzeug selbst frage ich eine Stewardess nach dem Kühlschrank und erfahre das erste Mal, dass es gar keinen gibt. Aber es ist kein Problem meine Tasche auf Eis zu legen. Zwischenstopp in Deutschland, ich bekomme die Spritze zurück, trage sie eine Stunde mit mir herum und gehe wieder an Bord, diesmal einer transatlantischen Maschine. Auch hier reagiert die Stewardess routiniert, auch hier haben sie nur Eis. Ich solle sie allerdings vor dem Aussteigen erinnern, da schon so viele Leute bei ihr etwas abgegeben hätten. Nach 11 Stunden Flug erhalte ich meine Tasche mit dem Kühlelement unversehrt und kühl zurück. Niemand will meine Bestätigung sehen. Noch 3 Stunden Busfahrt trennen mich von meinem Ziel. Im Bus ist es sehr kühl, die Klimaanlage zeigt sich von ihrer besten Seite, zum Vorteil der Spritze. Endlich, im Hotel, landet sie in einem Kühlschrank, der die erforderlichen 2-8°C liefert, nach fast 24-stündiger Reise. Hoffentlich unbeschadet.

Die letzte Spritze vor der Reise. 135 µg, abends. Zwei sind noch übrig in der Packung, eine davon kommt am Montag mit auf meine Reise.

Achja, mein Überbein, ein praktischer Arzt hat es bestätigt. Er injizierte mir 4-6 ml einer klaren Lösung direkt unter das Überbein. Keine Angabe, was das sei, bloß „antirheumatisch“. Die Hand wurde kribbelig und dann taub für ein paar Stunden. Die nächsten zwei Tage hatte ich Fieber, Hitzewallungen, war sehr müde und kaum konzentrationsfähig. Vielleicht wegen der Spritze (mich wundert nur die verspätete Reaktion seit ein paar Wochen), vielleicht wegen der Ganglion-Injektion, obwohl es normalerweise keine Beschwerden geben sollte.
Beim zweiten Besuch legte er mir einen Verband an, nachdem er eine gelbe Paste namens „Rivanol“ über dem Ganglion verteilt hatte. Ich sollte den rechten Arm schonen und kommende Woche ihn erneut aufsuchen. Das ist der aktuelle Stand.
Am Samstag 135 µg einer ebenso klaren Lösung bekannten Inhalts, nach zwei schmerzhaften Versuchen glücklicherweise hinter mich gebracht. Heute leichtes Kopfweh in der linken Hälfte.
Allgemeine Beobachtungen: Juckreiz hat spürbar nachgelassen, wenn er auch nicht ganz weg ist. Leichter Haarausfall ist seit Anfang der Therapie zu beobachten und noch immer konstant, ich überlege immer noch, ob ich die Haare kurz schneiden soll. Die letzten beiden Wochen wenig Appetit, was darin resultiert, dass ich entweder Ewigkeiten für einen Teller brauche oder die Hälfte einer normalen Portion übriglassen muss. Abends ist mir eigentlich immer kalt. Heutiges (Sonntag) Gewicht: 56,5 kg bei 1,74 m.

Einen Tag und eine Nacht eine laufende Nase, dann waren die Erkältungsanzeichen weg.
Der Rest bleibt: heute unverändert Heiß-Kalt, Kopfschmerzen, Müdigkeit, Schwindel und ich vermute, auch Fieber.

Gestern abend habe ich das erste Mal etwas Sport gemacht, seit ich die Therapie begann. Und zwar 2×45 min. (ohne Pause) Gymnastik mit Laufen, Dehnen usw. War schon anstrengend, allerdings tat mir nachher nichts weh, fühlte mich eher entspannt. Kurz nach der Gymnastik auf dem Heimweg wurde mir aber ziemlich kalt, vielleicht ein Grund, warum ich mich heute krank fühle – so als ob ein beginnender Schnupfen mir in der Nase steckt, läuft sie fröhlich vor sich hin, begleitet von leichtem Drücken am Kopf und abwechselnden Heiß-Kalt-Schüben. Mag nicht krank werden.

Samstag, abends, 135 µg. Nichts nennenswertes diesmal, nicht mal lange geschlafen habe ich.

Vorerst mal die Info, auf die ich schon Monate warte: Meine liebe Dr. B. ist nicht mehr Oberärztin in meinem Spital, sondern schon vor einiger Zeit woandershin gegangen. Stattdessen betreut nun eine neue OA „Dr. H.“ einen Gutteil der Patienten der Station – und sie war es auch, die mich heute nach 2-stündigem Warten aufrief.
Schon etwas älter, sehr freundlich und geduldig, hatte offenbar schon mindestens einen Blick in meine Akte geworfen, ehe sie anfing, zu mir zu sprechen.

Impfungen seien ganz generell überhaupt kein Problem (ich hatte wegen der Zeckenimpfung gefragt).

Die Blutwerte vom letzten Mal seien nicht so berauschend wie immer:

Erys 3,71
Hämoglobin 11,4
Hämatokrit 32,4
Leukos 2,04
Thrombos 83
Neutros 9,67

Außerdem noch Leberwerte:

GOT 57
GPT 58

Also immer noch deutlich erhöht. Dr. H. meinte, dass das Interferon nur auf die Leukozyten geht, nicht auf die roten Blutkörperchen. Wahrscheinlich hätte ich vor der Therapie schon grenzwertige Erys gehabt. Nein, sagte ich. Sie sah meine alten Befunde an. Stimmt. Offenbar habe das Interferon ziemlich starke Nebenwirkungen auf mich. Das Knochenmark sei sehr beeinträchtigt. Wir spritzen weiter 135 µg – sprachs und schrieb mir ein Rezept, das ich gleich einsteckte.

Ich erzählte von dem kleinen Knubbel an meinem rechten Handgelenk, der schmerzt, wenn man leicht draufklopft, ob das mit einer Entzündungserscheinung, hervorgerufen durch das Interferon, zu tun haben könnte? Sie meinte, nein, das sieht aus wie ein Überbein, ein Weichteiltumor. Käme davon, wenn man seine Hand zu sehr einseitig belaste, was ich denn arbeiten würde, viel mit Computer oder so? Ich meinte, naja, nicht primär, ich würde eben in einem Labor arbeiten, pipettieren. Das sei es, meinte sie, Sie pipettieren rechts, oder? Ich musste ihr rechtgeben und sie ersuchte mich, einen Arzt diesbezüglich aufzusuchen, der mir Tipps geben kann, wie ich damit umgehen soll, weggehen tue es im allgemeinen nicht mehr, meinte sie. Operativ entfernen sei manchmal eine Lösung.

Dann fragte ich nach einer Bestätigung für den Transport einer Spritze im Flugzeug, auf Deutsch und Englisch, so wie es mir die Dame von der Fluggesellschaft geheißen hatte. Dr. H. meinte, auf Englisch muss es reichen, immerhin habe sie keine Sekretärin und müsse alles selber tippen. Sie nahm Blut ab und entließ mich.

Am Schalter erhielt ich ein paar Minuten später von Dr. H. die Bestätigung durchgereicht. Ich überflog sie:


Mrs. Berger is under a current treatment for a chronic disease.
She has to inject Pegasys once weekly s.c.

The treatment should not be interrupted, so Mrs. Berger has to take one injection with her on the journey.

Ich gab die Bestätigung an die Schwester zurück und meinte, dass der Name nicht stimme, und das vermutlich schon etwas ausmachen würde. Klar, lachte sie, und gab den Zettel weiter. Kurz warten, in der Schlange wieder anstehen, dann erhielt ich die neu ausgedruckte Bestätigung von Dr. H. in die Hand gedrückt – jetzt sollte alles passen, sagte sie und verschwand. Ich sah auf den Zettel – „Berger“ war durch meinen Nachnamen ausgetauscht worden, ja, aber nur das erste „Berger“. Wieder zum Schalter, Schwester bitten, dass der zweite Name auch ausgetauscht wird. Nochmal zu Dr. H., wieder reichte sie mir den neuen Wisch in die Hände und meinte, schauen Sie, ob es nun stimmt. Ich nickte und ging, hoffentlich reicht das für den Flug. Ich bin zwar nicht verheiratet („Mrs.“), die Medikamentenbeschreibung ist nicht besonders genau, und es gibt auch keine Erwähnung darüber, für welchen Zeitraum diese Bestätigung gilt, aber ich hoffe wirklich, das reicht.

Dann ging ich zum Chefarzt wegen der Bewilligung für mein neues Spritzenrezept. Drückte ihm das Rezept in die Hand, er sah es kaum an, da sagte er schon: da fehlt die Unterschrift. Ohne Unterschrift bekommen Sie das Medikament nicht, egal was ich draufschreibe. Also nach dem Chefarzt wieder rauf auf den Hügel, zur Abteilung eilen, zwei Stiefen hinauf, anstellen, drankommen, einen mitleidigen Blick von der Schwester ernten „Sie Arme, zum Glück ist heute Freitag“ und dann endlich das Spitalsgelände verlassen.

Nächster Termin Montag, 7. April 2008.

Mittwochabend: alles juckt mich wahnsinnig und nicht mal Kratzen lindert und doch geht es nicht ohne Kratzen.

Donnerstagabend: beim abendlichen Duschen brennt die Haut am ganzen Körper von den Läsionen den vorhergehenden Abends. Ich beschließe bei einsetzendem Juckreiz, eine Fenistil-Tablette zu nehmen. Ob sie wirkt, weiß ich nicht, jedenfalls schlafe ich bald Juckreiz-los ein und wache am nächsten Morgen spät und sehr müde nach einem außerordentlich tiefen Schlaf auf.

Aufgrund meiner in weniger als drei Wochen anstehenden Reise über das große Wasser rief ich heute bei der Fluggesellschaft an, die mich dorthin transportieren wird, um mich über die Handgepäcksbestimmungen bezüglich der Mitnahme von Injektionsspritzen zu erkundigen. Die Dame am anderen Ende der Leitung war sehr freundlich und schien auf diese Frage vorbereitet zu sein:
ich solle mir eine deutsche und englische Bestätigung meines Arztes holen, dass ich diese Spritze benötige und zudem beim Check-In dieses angeben. Unter Umständen wird es nötig sein, dass ich die Spritze dann an eine Stewardess abgebe und nach der Ankunft wieder bei ihr abhole. Ja, an Bord gäbe es den Bord-Kühlschrank, den ich nutzen dürfe.

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