reise


Es hat schon etwas Lästiges, wenn man aufgrund einer chronischen Erkrankung sein Leben nicht frei und spontan planen kann, sondern sich stets nach den Gegebenheiten oder Erfordernissen dieser richten muss. Dies ist nichts, was den täglichen Umgang mit sich selbst und der Welt stört, sondern etwas, das nur dann zu Tage tritt, wenn man größere Umwälzungen in seinem Leben plant, sowie ich es gerade tue.

Dass ich als Patient mit chronischer Hepatitis B nicht nach Australien gehen kann, obwohl ich es mir für meine Ausbildung wünsch(t)e, habe ich bereits akzeptiert. Das dortige Krankenversicherungssystem sieht keinen Bedarf an chronisch Erkrankten vor, selbst die Visumsbeantragung stellt jemandem, der dem Staat nur Geld kostet, deutlich Hindernisse in den Weg (mehr auf Nachfrage). Meine Akzeptanz dieses Faktums ist gleichzeitig ein Zugeständnis an die Tatsache, dass ich eine Bürde, eine Last für jeden darstelle, der bereit ist, mich aufzunehmen. Ich habe mich nach dem enttäuschenden Diskurs mit australischen Behörden und deren Vertretern entschlossen, in Europa zu bleiben, mit dem Wissen, dass das Krankenversicherungssystem hierzulande sozialer, fairer, mehr auf Ausgleich bemüht ist als in der restlichen Welt. Es stimmt auch.

Ich habe mich für Schweden entschieden, die skandinavischen Länder sind für ein besonders soziales und gut ausgebautes Gesundheitssystem bekannt. Und obwohl ich froh sein sollte, dass es noch solche Staaten gibt, in denen jene, denen es gut geht, solche unterstützen, denen es weniger gut geht, befällt mich gleichzeitig schlechtes Gewissen, dass ich jemandem, dem ich mich als attraktive Investition anbiete, immer auch noch einen unerwünschten, blinden Passagier an Bord mitbringe: meinen kleinen Hepatitis-B-Virus. In anderen Worten: dass ich den schwedischen Steuerzahlern nicht nur eine mehr oder weniger ausgebildete Arbeitskraft ins Land bringe, sondern auch ein dickes Minus im Hinblick auf die Kosten für Medikamente und Untersuchungen, die ich benötige. Ich kann mich nicht einem Arbeitsmarkt anbieten ohne unter dem Mantel versteckt eine Bürde mitzuschmuggeln. Eigentlich kann ich guten Gewissens nur in Österreich bleiben, leben und arbeiten, wo meine Eltern jahrelang als jene, denen es gut geht, in die staatliche Krankenversicherung eingezahlt haben, um solche zu unterstützen, denen es weniger gut geht – nur hier ist es fair, wenn ich von Steuerzahlern erwarte, mir meine Behandlung zu finanzieren. Oder?

Die Befundbesprechung wurde aus mir unerfindlichen Gründen vom 12.01.09 auf den 20.01.09 verschoben. Als erster drangekommen sprach ich diesmal bei wieder einer neuen Ärztin vor, Dr. M. Unerbittlich kam sie gleich in ihrem ersten Satz zur Sache: mein Virentiter sei wieder rasant angestiegen auf 7,7 Millionen IU/ml, was etwa der Menge Viren entspricht, die ich vor der Therapie hatte (7 Mio.). Demnach käme für mich nun als nächstes eine Therapie mit Sebivo, mit Tabletten, die Nukleosidanaloga enthalten, in Frage. Und nein, überlegen bräuchte ich mir da nichts, denn wenn ich die Tabletten nicht nehmen würde, hätte ich in 10 Jahren eine Leberzirrhose, meinte sie resolut und überzeugt. Also lieber eine Dauertherapie mit diesen Tabletten, vorerst mal auf 5 Jahre, vermutlich aber lebenslang.

Und warum gerade Sebivo (Wirkstoff: Telbivudin)? – Weil er am wenigsten Resistenzen aufweisen würde und auch Nebenwirkungen. – Und warum nicht Baraclude? – Baraclude sei in Österreich nicht zugelassen. Das war eine gültige Antwort für mich.

Eben finde ich in der Suchmaschine das hier:

Bundesamt für Sicherheit im Gesundheitswesen
Bereich PharmMed, www.ages.at Wien, 14. 3. 2006
Information des Bundesamts für Sicherheit im Gesundheitswesen über Maßnahmen zur Gewährleistung der Arzneimittelsicherheit
Baraclude® – wichtiger Hinweis
Baraclude® 0,5mg Filmtabletten;
Zulassungsnummer: EU/01/343/001.003
Baraclude® 1mg Filmtabletten;
Zulassungsnummer: EU/01/343/002.004
Baraclude® 0,05mg/ml Lösung zum Einnehmen;
Zulassungsnummer: EU/01/343/005; Zulassungsinhaber: Bristol Myers Squibb; wirksamer Bestandteil: Entecavir; wichtiger Hinweis zum Auftreten einer HIV Resistenzmutante bei der Behandlung ­einer chronischen Hepatitis B bei HBV/HIV koinfizierten Patienten ohne gleichzeitige antiretrovirale Therapie
Das Bundesamt für Sicherheit im Gesundheitswesen teilt mit:
Baraclude® ist indiziert zur Behandlung der chronischen Hepatitis B-Virus-Infektion (HBV) bei Erwachsenen mit kompensierter Leber­erkrankung und nachgewiesener aktiver Virusreplikation, persistierend erhöhten Serumspiegeln der Alaninaminotransferase (ALT) ­sowie mit einem histologischen Befund einer aktiven Entzündung und/oder Fibrose

Quelle: http://www.oeaz.at/zeitung/3aktuell/2007/07/mitt/mitt07_2007beh.html

Von wegen nicht zugelassen. Falls es jemanden interessiert: es gibt von der EMEA (European Medicine Agency) ein schönes Dokument mit vielen, vielen Infos zu Baraclude. Gibt es übrigens für alle zugelassenen Nukleosid- und Nukleotidanaloga, ich werde diese bei Gelegenheit verlinken.

Ich äußerte noch einen Zweifel: was, wenn ich ins Ausland gehen würde, nicht mehr in Österreich versichert wäre, wer bezahlt dann hunderte Euro pro Monat für die 28 Tabletten-Packung? Alles kein Problem, meinte sie, in anderen Ländern gäbe es ja auch Versicherungen und das Medikament würde weltweit vertrieben. Und wenn dieses andere Land, sagen wir mal, Benin wäre, ohne Versicherung und westliche Krankenversorgungsstandards? Na dann… irgendwie werden wir eine Lösung finden, falls es dazu kommen sollte, keine Sorge, tröstete sie mich und schrieb das Rezept fertig.

Ich äußerte weitere Zweifel: und wenn ich schwanger werden möchte? Werden dann die Tabletten abgesetzt? – Keinesfalls, denn sobald man absetzen würde, könnte es zu einem „Flare“ kommen, also zu einem Rückfall bzw. Anstieg der Virenmenge, der womöglich über den ursprünglichen Titerwert hinaufsteigen könnte, alles viel zu gefährlich. Und das Kind (ich musste ihr alles aus der Nase ziehen)? – Tja, das Kind. Dazu gäbe es leider noch keine Studien; aber keine Sorge, jene Frauen, die bisher mit dem Medikament schwanger wurden, bekamen nur gesunde Kinder ohne Fehlbildungen. Wie tröstlich.

Als ich auch heute – testweise – die Frage zur Verhütung stellte, erhielt ich die dritte Antwortvariation zu diesem Thema. Ein Auszug aus der Vergangenheit: Nr. 1: keine Pille (da sie vom Magen direkt in die Leber geht und somit belastet), lieber systemisch verteilte Hormone, z.B. über das Pflaster. Habe ich probiert, leider zu viele Nebenwirkungen bei mir. Antwort Nr 2: leichte Pille geht, aber wirklich nur leicht. Und seit heute, Antwortvariation Nr. 3: ich könne nämlich jede Pille nehmen, das hätte überhaupt keine Auswirkungen auf den Leberzustand.

Abschließend wurde mir noch Blut abgenommen, um einen Anfangs-Virustiter für die Therapie zu messen. Interessanterweise wird diesmal auch der Genotyp bestimmt, weil „die Firma das nun bezahlt“, was immer diese Antwort heißen soll. Teurer Check, der vom Krankenhaus nicht bezahlt wird, wenn man aber das Medikament einer Firma nimmt, freuen die sich über zusätzliches Studienmaterial und sponsern dann auch die für eine Studie notwendige Genotypbestimmung? Wahrscheinlich bilde ich es mir nur ein. Jedenfalls habe ich wahrscheinlich Genotyp A. Auf meine Nachfrage, ob die Genotypen nicht regional bedingt seien und ich dann vermutlich einen asiatischen hätte, da der Virus von meiner asiatischen Mutter übertragen wurde, meinte sie: ja, regional, und das wäre Genotyp A. Wenn man allerdings dieser Tabelle (runterscrollen) mehr Glauben schenken möchte als meiner heutigen Ärztin, so kommt Genotyp A hauptsächlich in Nordamerika, Nordeuropa und Südafrika vor, aber nicht in Südostasien – das wäre Genotyp B/C. Ich bin schon gespannt auf das Ergebnis.

Mit dem Rezept ging es dann zur – neuen – Chefärztin der Krankenkasse, die es bewilligen sollte. Der Raum war umgestaltet worden: von einem trockenen Beamtenzimmer zu einem bunten Wohnraum. Am Schrank hing ein Poster über Katzen und Literatur; am Schreibtisch stand eine Salz(?)-Kerze, die rosa Licht verbreitete, sowie ein Stövchen mit einer Kanne und einer Jumbo-Tasse Tee. Neben dem Computer etwas ganz Interessantes: etwa 6-8 verschiedene kleine Plastikschachteln, die jeweils mit Hämatit (Blutstein), Quarz, Rosenquarz oder anderen Mineralen gefüllt war. Und ein großer, durchsichtiger, leerer Topf. Während ich noch grübelnd überlegte, mit was für einer Person ich es zu tun haben würde, die auf die Kraft der Steine vertraut, trat eine schick angezogene Frau im mittleren Alter ein (Reiterstiefel, breiter Ledergürtel), begrüßte mich und warf einen Stein in den Topf. Ich staunte nicht schlecht und muss wohl irritiert genug gewirkt haben, dass sie erklärend meinte: Statistik. Ich nickte und sie erläuterte weiter: ich mag Stricherl malen nicht, muss aber trotzdem dokumentieren, welche und wie viele Fälle in mein Büro kommen. Kreativ.

Das Rezept ist nun bei einem Apotheker und das Medikament wird bestellt. Wann fange ich mit dem Tablettennehmen an? Wahrscheinlich morgen, oder übermorgen.

Erste Kontrolle für die Tablettentherapie am 19.02.09.

Samstagnacht, 135 µg.

Nachtrag zur Zeckenimpfung von Montag dieser Woche: die Ärztin hatte mich gewarnt, dass der Arm etwas wehtun würde. Etwas. Am Nachmittag nach der Impfung leicht stumpfes Gefühl im Arm, nach einer Nacht war der linke Arm allerdings nicht mehr einsatzfähig: Starke Schmerzen bei jeder Beanspruchung des Oberarms, Schmerzen im Oberarm, aber auch in der Schulter. Am Tag darauf dann glücklicherweise weniger, am folgenden noch weniger, gestern war alles wieder komplett normal.

Nachtrag Überbein: bisher noch kein Arzttermin, Überbein-Effekt ist eher schlechter als besser geworden. Gestern konnte ich nicht mal meine Bankkarte aus dem Schlitz mit Daumen und Zeigefinger entgegennehmen, ohne dass die Hand wehtat, außerdem zieht sich der Schmerz je nach Haltung hinauf in den Unterarm. Mittwoch ist mein Orthopädentermin.

Und noch was: Im Flugzeug bei der Rückreise hatte ich einen Juckanfall am rechten Bein und kratzte (leider) ein bisschen herum, nicht sehr fest und lange, aber dafür via eine Strumpfhose. Was offenbar den Effekt hatte, dass eine saftige Wunde entstand, die den seltsamen Nebeneffekt hatte, dass ich beim Gehen ab und zu einen stark stechenden Schmerz im Unterschenkel verspürte, der mein rechtes Bein funktionsunfähig machte (für 10-20 Sekunden). Das hielt sich mehrere Tage bis gestern an, heute glaube ich zu spüren, dass es besser wird.

Und das hier ist jetzt anscheinend von einem HepB-Blog zu einem Krankheitsgeschichten-Blog mutiert…

Samstag, 29.03.08, früher Abend (= später Abend nach mitteleuropäischer Zeit), 135 µg.
Keine deutlichen Effekte.

Spritze auf Reisen, im Flugzeug, im Handgepäck.

Ich hatte vorher ja bei meiner Fluglinie angerufen: eine Bestätigung brauche ich und müsse die Spritze beim Check-In abgeben.

Montag morgen, beim Check-In, auf meine Anmerkung, dass ich eine Spritze im Handgepäck mitführen muss: fragender Blick, Bestätigung, dass ich das darf. Abgeben müsse ich sie nicht. Bei der Sicherheitskontrolle weise ich vorher darauf hin, dass im Rucksack eine Spritze drinnen ist, die Kontrolleurin nickt nur, sieht nicht mal nach, niemand fragt nach der Bestätigung. Im Flugzeug selbst frage ich eine Stewardess nach dem Kühlschrank und erfahre das erste Mal, dass es gar keinen gibt. Aber es ist kein Problem meine Tasche auf Eis zu legen. Zwischenstopp in Deutschland, ich bekomme die Spritze zurück, trage sie eine Stunde mit mir herum und gehe wieder an Bord, diesmal einer transatlantischen Maschine. Auch hier reagiert die Stewardess routiniert, auch hier haben sie nur Eis. Ich solle sie allerdings vor dem Aussteigen erinnern, da schon so viele Leute bei ihr etwas abgegeben hätten. Nach 11 Stunden Flug erhalte ich meine Tasche mit dem Kühlelement unversehrt und kühl zurück. Niemand will meine Bestätigung sehen. Noch 3 Stunden Busfahrt trennen mich von meinem Ziel. Im Bus ist es sehr kühl, die Klimaanlage zeigt sich von ihrer besten Seite, zum Vorteil der Spritze. Endlich, im Hotel, landet sie in einem Kühlschrank, der die erforderlichen 2-8°C liefert, nach fast 24-stündiger Reise. Hoffentlich unbeschadet.

Vorerst mal die Info, auf die ich schon Monate warte: Meine liebe Dr. B. ist nicht mehr Oberärztin in meinem Spital, sondern schon vor einiger Zeit woandershin gegangen. Stattdessen betreut nun eine neue OA „Dr. H.“ einen Gutteil der Patienten der Station – und sie war es auch, die mich heute nach 2-stündigem Warten aufrief.
Schon etwas älter, sehr freundlich und geduldig, hatte offenbar schon mindestens einen Blick in meine Akte geworfen, ehe sie anfing, zu mir zu sprechen.

Impfungen seien ganz generell überhaupt kein Problem (ich hatte wegen der Zeckenimpfung gefragt).

Die Blutwerte vom letzten Mal seien nicht so berauschend wie immer:

Erys 3,71
Hämoglobin 11,4
Hämatokrit 32,4
Leukos 2,04
Thrombos 83
Neutros 9,67

Außerdem noch Leberwerte:

GOT 57
GPT 58

Also immer noch deutlich erhöht. Dr. H. meinte, dass das Interferon nur auf die Leukozyten geht, nicht auf die roten Blutkörperchen. Wahrscheinlich hätte ich vor der Therapie schon grenzwertige Erys gehabt. Nein, sagte ich. Sie sah meine alten Befunde an. Stimmt. Offenbar habe das Interferon ziemlich starke Nebenwirkungen auf mich. Das Knochenmark sei sehr beeinträchtigt. Wir spritzen weiter 135 µg – sprachs und schrieb mir ein Rezept, das ich gleich einsteckte.

Ich erzählte von dem kleinen Knubbel an meinem rechten Handgelenk, der schmerzt, wenn man leicht draufklopft, ob das mit einer Entzündungserscheinung, hervorgerufen durch das Interferon, zu tun haben könnte? Sie meinte, nein, das sieht aus wie ein Überbein, ein Weichteiltumor. Käme davon, wenn man seine Hand zu sehr einseitig belaste, was ich denn arbeiten würde, viel mit Computer oder so? Ich meinte, naja, nicht primär, ich würde eben in einem Labor arbeiten, pipettieren. Das sei es, meinte sie, Sie pipettieren rechts, oder? Ich musste ihr rechtgeben und sie ersuchte mich, einen Arzt diesbezüglich aufzusuchen, der mir Tipps geben kann, wie ich damit umgehen soll, weggehen tue es im allgemeinen nicht mehr, meinte sie. Operativ entfernen sei manchmal eine Lösung.

Dann fragte ich nach einer Bestätigung für den Transport einer Spritze im Flugzeug, auf Deutsch und Englisch, so wie es mir die Dame von der Fluggesellschaft geheißen hatte. Dr. H. meinte, auf Englisch muss es reichen, immerhin habe sie keine Sekretärin und müsse alles selber tippen. Sie nahm Blut ab und entließ mich.

Am Schalter erhielt ich ein paar Minuten später von Dr. H. die Bestätigung durchgereicht. Ich überflog sie:


Mrs. Berger is under a current treatment for a chronic disease.
She has to inject Pegasys once weekly s.c.

The treatment should not be interrupted, so Mrs. Berger has to take one injection with her on the journey.

Ich gab die Bestätigung an die Schwester zurück und meinte, dass der Name nicht stimme, und das vermutlich schon etwas ausmachen würde. Klar, lachte sie, und gab den Zettel weiter. Kurz warten, in der Schlange wieder anstehen, dann erhielt ich die neu ausgedruckte Bestätigung von Dr. H. in die Hand gedrückt – jetzt sollte alles passen, sagte sie und verschwand. Ich sah auf den Zettel – „Berger“ war durch meinen Nachnamen ausgetauscht worden, ja, aber nur das erste „Berger“. Wieder zum Schalter, Schwester bitten, dass der zweite Name auch ausgetauscht wird. Nochmal zu Dr. H., wieder reichte sie mir den neuen Wisch in die Hände und meinte, schauen Sie, ob es nun stimmt. Ich nickte und ging, hoffentlich reicht das für den Flug. Ich bin zwar nicht verheiratet („Mrs.“), die Medikamentenbeschreibung ist nicht besonders genau, und es gibt auch keine Erwähnung darüber, für welchen Zeitraum diese Bestätigung gilt, aber ich hoffe wirklich, das reicht.

Dann ging ich zum Chefarzt wegen der Bewilligung für mein neues Spritzenrezept. Drückte ihm das Rezept in die Hand, er sah es kaum an, da sagte er schon: da fehlt die Unterschrift. Ohne Unterschrift bekommen Sie das Medikament nicht, egal was ich draufschreibe. Also nach dem Chefarzt wieder rauf auf den Hügel, zur Abteilung eilen, zwei Stiefen hinauf, anstellen, drankommen, einen mitleidigen Blick von der Schwester ernten „Sie Arme, zum Glück ist heute Freitag“ und dann endlich das Spitalsgelände verlassen.

Nächster Termin Montag, 7. April 2008.

Aufgrund meiner in weniger als drei Wochen anstehenden Reise über das große Wasser rief ich heute bei der Fluggesellschaft an, die mich dorthin transportieren wird, um mich über die Handgepäcksbestimmungen bezüglich der Mitnahme von Injektionsspritzen zu erkundigen. Die Dame am anderen Ende der Leitung war sehr freundlich und schien auf diese Frage vorbereitet zu sein:
ich solle mir eine deutsche und englische Bestätigung meines Arztes holen, dass ich diese Spritze benötige und zudem beim Check-In dieses angeben. Unter Umständen wird es nötig sein, dass ich die Spritze dann an eine Stewardess abgebe und nach der Ankunft wieder bei ihr abhole. Ja, an Bord gäbe es den Bord-Kühlschrank, den ich nutzen dürfe.

Sonntag, spätabends, nach der Rückkehr von Istanbul. Inzwischen kann ich die Effekte nicht mehr richtig zuordnen. Ist mir eiskalt danach, weil ich gespritzt habe (135 µg) oder weil die Heizung nicht läuft? Tut mein rechter Unterarm weh wegen des Interferons oder weil ich einen Nerv gequetscht habe? War mir beim Sinkflug einfach so schwindelig oder hatte es etwas damit zu tun? Auf jeden Fall bin ich gespannt auf Freitag. Vor der Reise musste ich übrigens noch zu meinem alten Internisten, weil das Spital wieder eine Überweisung für das neue Quartal benötigt – lästige Herumrennerei, die sich doch eigentlich irgendwie ersparen lassen sollte können, nicht?

Seit etwa drei Monaten weiß ich, dass wir in der Arbeit zu elft oder zwölft im Oktober für ein paar Tage nach Istanbul reisen werden; aus beruflichen und auch aus freizeitlichen Gründen. Da der Aufenthalt von Mittwoch bis Freitag stattfinden würde, war die ursprüngliche Idee, eine Spritze mitzunehmen, was allerdings durch die erforderliche Kühlung zu einigen logistischen Problemen führen würde. Die Fluggesellschaft war nach Kontaktaufnahme äußert entgegenkommend und hilfsbereit, aber dennoch stellt sich die Frage, wie sich mehrere Stunden lang eine Temperatur von unter 10°C in meiner Tasche erhalten lassen. Schließlich wurde der einfachere Weg gewählt: ein Verschieben des Spritztages von Freitagabend auf Sonntagabend, natürlich tageweise. Das bedeutet: heute nicht, erst morgen.