Februar 2009


Ich hatte Glück: Die Oberärztin war nicht nur da, sondern sie war auch für mich da. Sie ist geduldig und drängt nicht, kompetent, erklärt gut, langsam und deutlich, geht auf meine Fragen ein und kann sie zufriedenstellend beantworten – so wie man sich einen Arzt nur wünschen kann.

Erstmal die Blutwerte vom 20.01.09:

Leukozyten 3,22 G/l

Neutrophile 1,18 G/l

Hämoglobin 12,4 g/dl

Hämatokrit 35,9%

Leberwerte wurden keine bestimmt, nur HBV-DNA…

Hepatitis B-PCRquant 11,3 Mio. U/ml

Vergleich: 15.12.08: 7,7 Mio. U/ml. Also innerhalb eines guten Monats haben sich die gemeinen Viecher ordentlich ins Zeug gelegt und etwa ein Drittel mehr von sich selbst produziert. Höchste Zeit für ein bisschen Reverse-Transkriptase-Hemmer.

… und dann natürlich der heißersehnte Genotyp. Ich fragte nach.

„Genotyp C, das wird Ihnen aber ziemlich sicher nichts sagen.“

Ich wusste es. Auf B oder C habe ich getippt, die beiden häufigsten Varianten im asiatischen Raum, eher auf C, weil die Interferontherapie so erfolglos war. Und da sprach sie auch schon weiter:

Je weiter weg von A, desto schlechte die Chancen für einen Erfolg bei der Interferontherapie. Hätten wir den Genotyp (C) eher gewusst, hätten Sie keine Therapie machen müssen. Aber jetzt ist es ja eh schon vorbei.

Wahrscheinlich hat sie Recht. Beizeiten, wenn ich mich genug informiert habe, werde ich ein paar Informationen und Artikel zu den Genotypen und den Heilungschancen hier hineinstellen.

Weitere neue Infos:

Telbivudin und Pille: überhaupt kein Problem, egal welche Dosierung (der Hormone).

Telbivudin und Ernährung: keine Zusammenhänge feststellbar. Ich hatte gefragt, da ich im Internet gelesen hatte, dass man bei Lebererkrankungen wenig Fett, kein Zimt, kein Honig, keine Minze, keine Lebensmittel mit hohem Eisengehalt usw. zu sich nehmen sollte. Die Oberärztin meinte, das dies alles Ratschläge aus der Alternativmedizin seien, die durch Studien bisher nicht belegt werden konnten. Vor 30 Jahren hätte man noch solche Ratschläge von Ärzten erhalten können, inzwischen seien diese Informationen und Zusammenhänge veraltet bzw. nicht beweisbar.

Telbivudin und Alkohol: Während der Interferontherapie und auch davor hatte ich Alkohol vermieden – aus Schutz für die Leber. Während der Nukleosidanaloga-Therapie, so meinte die Ärztin, könne ich einem normalen Alkoholkonsum nachgehen, da durch das Medikament die Virenlast und auch die Transaminasen (Leberwerte) sehr schnell nach unten gehen würden und dann die Leber durch nichts belastet werde. Das war für mich ganz neu.

Informationen zur Leberpunktion oder Leberbiopsie: in einem Gesundheitszentrum wurde mir von einer anderen Hepatologin eindringlich versichert, dass die Leberpunktion alter Standard sei und heute nicht mehr durchgeführt werde, da sie keine Aussage über den Gesamtzustand einer Leber treffen könnte, sondern nur für den Teilbereich, der punktiert werde. Neuester Stand wäre der FibroScan (Elastographie), eine Art Ultraschall, der allerdings aufgrund der Neuartigkeit noch nicht im Einsatz ist. Da diese Informationen der Behandlung, die mir in meinem Spital widerfuhr, widersprachen, erkundigte ich mich heute, wie die Meinung meiner Ärztin zu diesem Thema sei. Die Oberärztin gab zu, dass die Leberpunktion nur mit etwa 80%iger Wahrscheinlichkeit eine Aussage über den Zustand einer Leber treffen könnte, dass sie aber derzeit immer noch das beste bzw. einzige Mittel sei, um wirklich „vor Ort“ nachzusehen, wie es mit dem Gewebe beschaffen sein. Normalerweise (dh. bei hoher Virämie und hohen Transaminasen), wenn Therapieindikationen ohnehin gegeben sind, sei eine Leberpunktion nicht notwendig. Wenn aber z.B. die Virämie hoch sei, aber die Transaminasen normal, würde man die Leberpunktion als Entscheidungshilfe zu einer Therapie sehen: ist das Gewebe in Ordnung, wird nicht therapiert, ist es bereits fibrotisch, ist es höchste Zeit. Die Ärztin würde auf jeden Fall älteren Personen (über 50), die den Virus schon lange in sich tragen, solch eine Untersuchung empfehlen. Der FibroScan sei eine interessante Entwicklung, allerdings noch nicht etabliert und das große Problem sei, dass er nur Absolutaussagen treffen könne: Fibrose ja/nein – während die Leberpunktion meist in einer stufenartigen Beurteilung des Fibrosegrades resultiert (Fibrosegrad 1-4).

Schließlich fragte ich noch, was die Entscheidungsgrundlage in meinem Fall für Sebivo/Telbivudin gewesen ist. Sie meinte, dass zwischen Tenofovir und Telbivudin (Markennamen Viread und Sebivo) kein großer Unterschied bestehe und sie nicht sagen könnte, welches besser sei oder wann man eines nicht nehmen sollte. Beide Medikamente würden nach einer gewissen Anzahl von Jahren zu Resistenzentwicklung des Virus führen und dann müsste man wechseln. Weshalb sie Sebivo vorziehen würde, wäre aufgrund der Möglichkeit, dieses Medikament während der Schwangerschaft weiterhin zu nehmen. Wobei Viread auch demnächst diese Zulassung erhalten würde.

Resistente Viren gegen Baraclude/Entecavir seien hingegen bis heute nicht bekannt, weshalb dieses Medikament (in Österreich und Deutschland) nur dann verschrieben werden dürfe, wenn alle anderen davor schon nichts mehr helfen (quasi als letzte Hoffnung). Es gäbe in Österreich keinen Vertrieb von der Herstellerfirma und das Medikament sei auch nur sehr schwierig zu bekommen bzw. zu verschreiben – lediglich mit besonderen Indikationen.

Ich erhielt ein Rezept für 12 Wochen Sebivo (3x 700 €) und einen neuen Termin am 29.4.09.

Eine Frage, die sich vielen chron. Hepatitis-B-Patienten stellt, ist, ob sie trotz ihrer Erkrankung weiterhin in der Lage sind, ihren Beruf auszuüben. Häufig sind sich daher angehende Mediziner, Gastronomen, Krankenpfleger, Pädagogen unsicher, ob sie durch ihre Erkrankung einer erhöhte Gefahr für ihre Umgebung darstellen.
Wie sich die Situation verhält, ist von Land zu Land unterschiedlich. In manchen Staaten ist es praktisch unmöglich, mit chronischer Hepatitis B überhaupt ein Visum mit Aufenthaltsbewilligung und/oder Arbeitsgenehmigung zu erhalten; in anderen wie Österreich gibt es keinerlei Berufsverbot für Hepatitis-B-Patienten (laut meiner Ärztin).
Wie es in Deutschland ist, habe ich nun nachgelesen, und sehr hilfreich war die Homepage der Hepatitis Selbsthilfegruppe Rhein-Main e.V., die den Service anbietet, Fragen einzuschicken, die von der Selbsthilfegruppe oder auch von Ärzten öffentlich beantwortet werden.
Hier kann man nachlesen, dass ein Vertreter des Gesundheitsamtes Wiesbaden für die meisten Berufe keinerlei Einschränkungen vorsieht, lediglich als Mediziner im operativen Bereich, als Rettungssanitäter sowie in anderen Berufen, wo durch Selbstverletzung ein Infektionsrisiko besteht, werden Hepatitis-B-Träger ausgeschlossen.

Eine Datenbank mit den unterschiedlichsten Fragen und Antworten zu sehr vielen HBV- und HCV-Themen sowie ein Formular zum Einsenden einer eigenen Frage findet sich hier. Eine tolle Website, die einen Besuch wert ist.

Von 13.02.-16.02.2009 fand die 19. Tagung der Asia-Pacific Association of the Study of Liver (APASL) in Hong Kong statt. In einer Presseaussendung wurde veröffentlicht, dass Patienten unter Interferon-Therapie erstmals eine Prognose über den Ausgang gemacht werden kann, und zwar in Abhängigkeit von der Konzentration des Hbs-Antigens (s-Antigen, surface antigen, Oberflächen-Antigen). Und zwar sieht das so aus: bspw. bei chronischer Hepatitis B mit Hbe-Ag positiv konnten die Hälfte jener Patienten das Therapieziel (Hbe-Serokonversion) erreichen, die in Woche 24 einen deutlichen Abfall vom Hbs-Antigen aufwiesen.

Mehr & Quellen:

Roche: Therapie-Erfolg mit Pegasys bei Patienten erstmals vorhersagbar

Doctors Can Now Predict Which Hepatitis B Patients Have The Highest Chance To Achieve Treatment Success With Pegasys (engl., ausführlicher)

Ich bin kein großer Tablettenschlucker, das weiß ich schon lange, und Sebivo (Telbivudin) ist nicht gerade klein (6,5 mm x 18 mm), aber auch nicht so groß wie gewisse Antibiotika-Bomben; dennoch ein kleines Hindernis für mich. Um das Tablettennehmen etwas zu erleichtern, habe ich überlegt, die tägliche Dosis mit Joghurt zu genießen.
Im Internet kann man viel zu gleichzeitigem Einnehmen von Tabletten und Milch(produkten) finden und fast alle Artikel oder Meinungen gehen in diese Richtung: bloß nicht zusammen. Gleichzeitig weiß ich natürlich, dass jeder alles im Internet schreiben kann und so wende ich mich in dieser Hinsicht gerne an Fachinformationen – also an den Beipackzettel. Hier steht:

Sie können Sebivo mit oder ohne Nahrung einnehmen.

Im Prinzip eine eindeutige Aussage, oder? Dennoch – mit dem Hintergrund der Berichte im Internet – war ich nicht 100% zu überzeugen, dass Milchprodukte keinen negativen Einfluss auf die Wirkung ausüben und so beschloss ich, eine weitere Information aus dem Beipackzettel zu beachten, die folgendes besagte:

Falls weitere Informationen über das Arzneimittel gewünscht werden, setzen Sie sich bitte mit dem örtlichen Vertreter des Pharmazeutischen Unternehmens in Verbindung:

Gefolgt von zahlreichen Telephonadressen aus aller Herren Länder.

Ich rief also bei der österreichischen Niederlassung von Novartis an und nach einigen Minuten Herumverbinden schien ich bei der richtigen Ansprechperson gelandet zu sein.

Laut Packungsbeilage muss man die Tablette als Ganzes, unzerteilt und unzerkaut einnehmen. Da es sich um Filmtabletten handelt, besteht die Möglichkeit, dass der Film dazu da ist, den Wirkstoff vor dem Magen zu schützen, damit die Tablette in den Darm gelangt und sich erst dort auflöst. Solche Tabletten gibt es.

Ob Sebivo von einer eine magensaftresistenten Filmschicht umgeben sei?
Das wisse sie nicht, dazu müsste sie im Dossier nachsehen, was aber eine Weile dauern könnte.

Ob die Tablette geteilt werden könne?
Nein, sie müsse als Ganzes eingenommen werden.

Ob es daher problematisch sei, wenn die Tablette sich im Mund schon etwas auflöse, ehe sie erst runtergeschluckt werde (zB wenn man Schluckbeschwerden hat und der Vorgang etwas länger dauert)?
Nein, das sei kein Problem.

Ob die Tabletten mit Milchprodukten eingenommen werden könne?
Wenn in der Packungsbeilage nichts über Milchprodukte steht, könne sie auch damit eingenommen werden – einfaches Ausschlussprinzip.

Die erste Blisterpackung mit 14 Stück ist leer – 2 Wochen sind es nun, seit ich mit Sebivo angefangen habe. Nebenwirkungen: praktisch keine. Schlafen kann ich normal, keine Kopfschmerzen, keine Hautprobleme; nur kommt mir vor, als wäre mir nach einer Mahlzeit für ein paar Stunden etwas schlecht, sobald ich an etwas Fetthältiges denke, kann aber auch Einbildung sein oder von etwas anderem kommen.